Meine Vita

Da ich als ältester Sohn durchaus ein Wunschkind meiner Eltern war, ließ ich mich nicht lange bitten und kam recht pünktlich und – wie mir versichert wurde – nicht ohne einige zusätzliche Unannehmlichkeiten durch Blutverlust meiner Mutter am 23. Mai 2000 zur Welt. Dass ich mir ausgerechnet den Beginn des neuen Jahrtausends erwählt hatte, mag meine Mutter zwar nicht erfreut haben, allerdings wusste sie sich damit zu arrangieren – zumal mein Vater gerade die erst wenige Jahre zuvor gegründete Lackiererei mit unermüdlichem Fleiß aufbaute.

Wahrscheinlich sahen meine Eltern, noch bevor ich es zu artikulieren im Stande gewesen wäre, meinem offenbar schon als Säugling ausgeprägten souveränen Mimenspiel an, dass ich kein Kind war, dem das Herumtoben am Meer oder das laute Getümmel in Fußballstadien viel bedeuten würde. Möglicherweise hatten ihre Überlegungen, genau in Stadtlohn sesshaft zu werden, jedoch auch andere Beweggründe, die mir verborgen blieben. Kurz, ich war mit der Wahl des Standortes zufrieden. So kam ich also in jene idyllische Stadt mit rund 20.000 Einwohnern, die fortan Mittelpunkt meines Lebens sein sollte: Stadtlohn.

Ich betone dieses „am westlichen Rande Münsters“ recht gerne, weil Stadtlohn im Bewusstsein mancher Ahnungsloser nur als unscheinbares Provinzstädtchen gelten mag. Dabei konnte ich schon als Kind diese Vorurteile nicht teilen, was wohl hauptsächlich daran lag, dass ich mich inmitten einer gemütlichen Nachbarschaft mit viel Grün und einem großen Sandkasten wiederfand. Fußbälle interessierten mich weniger, dafür versanken meine Hände oft stundenlang in feuchtem Sand, während ich Burgen oder phantastische Figuren zu bauen versuchte – heute mag das einer der Gründe sein, weshalb mich Skulpturen so sehr begeistern.

Die Grundschule
Idyllisch gelegen, sollte sie der Ort sein, an dem ich meine ersten ernsthaften Schritte im Lesen, Schreiben und Rechnen unternahm. Zwar entdeckte ich die Leidenschaft für klassische Musik etwas später, doch war ich schon früh von kreativen Beschäftigungen angetan. Computerspiele – die mich in jenen jungen Jahren reichlich Zeit kosteten – lieferten mir zwar keine kulturellen Schätze, doch sie eröffneten mir mitunter fiktive Welten voller Abenteuer. Es war eine unbeschwerte Zeit, in der ich mir lieber ein paar enge Freunde suchte, als die halbe Schule zu kennen. Viele Albernheiten gehörten dazu, bevor eine gewisse Ernsthaftigkeit mit den Jahren in mein Leben einkehrte.

So marschierte ich Schritt für Schritt weiter. Nachdem ich im Alter von 20 Jahren eine schwere Krankheit überstanden hatte, lernte ich das Leben neu zu schätzen. Eine jener Neuerungen, die sich in mein Bewusstsein schlich, war die Liebe zur Literatur. Zwar war ich kein Kolumbus der Buchstaben seit frühester Kindheit, doch im ersten Semester meines Studiums begann ich begierig jene Länder zu erforschen, die in Büchern verborgen liegen. War es Schiller oder Nietzsche, Marcus Aurelius oder Epikur – ihren Ideen folgte ich auf Pfaden, die mich immer tiefer in philosophische und künstlerische Gedankenwelten führten. Als Ästhet wollte ich fortan nicht nur lesen, sondern auch erschaffen.

Einen wichtigen Schritt in meine persönliche Zukunft tat ich schließlich, als ich im Jahre 2024 im Rahmen meines Studiums meine Selbstständigkeit mit Skulpturen gründete. Meine Neigung zu Formen, die anfangs im Sandkasten ihre Anfänge hatte, durfte nun richtig aufblühen. Ich hatte verstanden, dass ich beruflich das verwirklichen sollte, was meinem Herzen am nächsten liegt: die Ästhetik. So träume ich davon, den Menschen durch meine Skulpturen ihre Würde, ihre Schönheit und auch ihre Gemeinsamkeiten vor Augen zu führen. Vielleicht sogar ein kleines Stückchen Anerkennung füreinander in einer Welt zu schaffen, die manchmal allzu schnelllebig wirkt.

 

Privates
Zu meinem Lebenskreis zählt neben lieben Freunden und meiner Familie auch mein treuer Labrador, mit dem ich gern Spaziergänge unternehme. Ich genieße es, mir ab und an eine Zigarre zu gönnen – eine kleine Auszeit, die den Gedanken Raum schenkt, sich zu entfalten. In solchen Momenten ertönt mitunter Richard Wagners Musik und versetzt mich in jene Sphären, in denen ich die Wucht des Klanges und die Stille des Meditierens spüre.

Was ich nun brauchte, war mehr Eigenständigkeit, und doch blieb der tägliche Bezug zur familiären Lackiererei nie aus. Noch während ich mein Studium abschließe, helfe ich parallel im elterlichen Betrieb mit, wo die Farben und Lacke auf ihre Art ein Spiegel kreativer Gestaltung sind. Hier und da höre ich in freien Minuten immer noch meine alten Lieblingskompositionen, philosophiere über Nietzsche und Epikur und denke darüber nach, wie sich das nächste Projekt in meiner kleinen Bildhauerwerkstatt verwirklichen lässt.

Seitdem ich vollends erkannt habe, dass Skulpturen mein innerer Weg sind, gehe ich diesen Pfad. So wie andere es in Büchern oder auf der Bühne tun, versuche ich, im Material das Schöne zu finden und in eine Form zu bringen. Ob es nun Ton, Gips, Holz oder moderne 3D-Drucktechnologien sind – es ist mir ein Anliegen, Menschen durch die Formgebung zueinander finden zu lassen. Wie der Urheber dieses Textes einst schrieb:

„Wirke Gutes, du nährst der Menschheit göttliche Pflanze.
Bilde Schönes, du streust Keime der göttlichen aus.“

Und wahrlich, dieses Ideal, das schon Schiller beschwor, gehört bis heute zu jenen Leitsternen, die ich auf meiner Reise nicht aus den Augen verliere. Gemeinsam mit meiner Familie und einer auserlesenen Gruppe von Freunden knüpfe ich beständig weiter an jenem Netzwerk, das aus Kunst, Philosophie und Freude am Tun gewoben ist. Tag für Tag bringe ich meine Ideen voran: sei es in den Aufträgen, die mir Menschen anvertrauen, oder in jenen Skulpturen, die ich ganz nach meinem eigenen Empfinden erschaffe.

So lebe ich nun schon von Geburt an in Stadtlohn, kehre allabendlich in mein Heim zurück und freue mich darauf, was der nächste Tag mir bescheren mag. Und wenn ich dann ein neues Modell beginne, umgeben von meinen Büchern, der Musik Wagners und den Gedanken der großen Philosophen, weiß ich, dass ich den richtigen Weg eingeschlagen habe. So reise ich, wenn auch in der Heimstatt meiner Eltern, doch weit in die Welt der Formen und Ideen hinaus – ein Kolumbus der Ästhetik für meine eigene Krone, immer auf der Suche nach neuen Ufern des Schönen.

 

Lars Mauritz